Vorsicht Computer

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Vorsicht Computer!

Computer und Softwareprogramme werden immer leistungsfähiger. Warum nicht gleich alles vom Rechner übersetzen lassen? Das ist doch schneller, einfacher und billiger.

Wirklich?
Na ja, schneller und billiger ist die automatische Übersetzung per Computer auf jeden Fall, besonders wenn man ein kostenloses Online-Übersetzungsprogramm wie Google Translate oder Microsoft Translator verwendet. Für manche Zwecke ist das vielleicht auch gut genug, z.B. wenn man nur einen groben Überblick über den Sinn eines fremdsprachigen Textes braucht und Fehler bewusst in Kauf nimmt. Ansonsten ist Vorsicht geboten.

Dem Computer fehlt nämlich eine entscheidende Voraussetzung zum richtigen Übersetzen: Er versteht den Inhalt überhaupt nicht. Durch geschicktes Programmieren kann er gewisse sprachliche Muster in andere sprachliche Muster umwandeln. Manchmal ist das Ergebnis erstaunlich gut. Aber manchmal kommt Kauderwelsch heraus, oder die Übersetzung besagt das genaue Gegenteil von dem, was der ursprüngliche Satz gemeint hat. Für wichtige Texte ist die maschinelle Übersetzung deshalb höchstens ein Tool für Experten, keinesfalls ein Fertigprodukt für den Endnutzer.

Sinn und Unsinn der Computer-Übersetzung
Der Computer kann nämlich sinnvolle Hilfen beim Übersetzen bieten. Man muss ihn nur richtig einsetzen. 

Volltextübersetzung:

Eine Möglichkeit ist die Nutzung einer „Maschinenübersetzung“ (MT) als erste Information über den Inhalt eines Textes um festzustellen, für welche Texte sich eine „richtige“ Übersetzung lohnt.
Manche internationalen Großunternehmen nutzen als zweite Option eine dreistufige Vorgehensweise: 1. Dem MT-Programm werden im Vorfeld möglichst viele hochqualitative Paralleltexte und ähnliches Material zur Verfügung gestellt, damit das automatische Übersetzungsergebnis immer besser wird; 2. Der neue Text wird mit dem Programm übersetzt; 3. Kompetente Übersetzer oder Korrekturleser überprüfen die Qualität des Textes und machen notwendige Änderungen. Dieses Verfahren ist umstritten - insbesondere sind viele kompetente Übersetzer nicht bereit, die dritte Stufe (Korrekturlesen) vorzunehmen. (Ich auch nicht.)
Drittens verwenden viele Fachübersetzer MT-Programme als zusätzliche Hilfe beim Übersetzen. Das ist allerdings wie bei Werkzeugen in anderen Bereichen: die Qualität des Endergebnisses hängt davon ab, wie das Werkzeug verwendet wird. Gute Fachübersetzer sind sehr kritisch in der Anwendung automatischer Übersetzungen und arbeiten die Textvorschläge des Systems um, bis der endgültige Text stimmig ist. Eine unkritische Übernahme der Maschinenübersetzung in die gelieferte Übersetzung zeugt von einer wenig qualitätsbewussten Arbeitsweise, die kompetente Übersetzer mit Recht verabscheuen.

Datenbank-Systeme:
Auf dem Markt gibt es eine Reihe von Programmen, die nach dem sogenannten "Translation Memory"-Prinzip arbeiten. Hier werden frühere Übersetzungen, Terminologie-Listen usw. systematisch ausgewertet und dem Übersetzer bei der Arbeit an einem neuen Text automatisch zur Verfügung gestellt. Der Übersetzer entscheidet, inwiefern die vorliegende Übersetzung für den aktuellen Zweck angepasst werden muss. Dieses Verfahren hilft, eine hohe Qualität und Konsistenz der Übersetzung zu sichern. Bei geeigneten Texten kann es unter Umständen auch Arbeitszeit sparen. 

Ich verwende seit 1999 das Programm Déjà Vu (z.Zt. in der Version DVX2). Es gibt auch viele andere Programme, z.B. Trados Studio, MemoQ, Star Transit, Wordfast, Omega T. Einen Überblick über solche Programme bietet der Kollege Jost Zetzsche at http://www.translatorstraining.com/sito/

Neben den verschiedenen Datenbankfunktionen überzeugen mich bei DVX2 die flexible Handhabung und die Unterstützung einer Reihe von Dateiformaten. Neben den üblichen Textformaten ist dieses Programm insbesondere für die Übersetzung von Website-Dateien in HTML geeignet - auch in der typischen, verzweigten Dateistruktur mit vielen Unterverzeichnissen. Weitere Gesichtspunkte zu diesem Programm werden in meinen Blog-Artikeln erörtert (s. unten). 

Für die Bearbeitung mit einem solchen Computer-Programm ist es natürlich erforderlich, dass die Originaltexte in elektronischer Form in einer bearbeitbaren Datei vorliegen. Vorlagen auf Papier oder Fax oder in nicht bearbeitbaren Dateiformaten (z.B. PDF, Grafikdateien u.a.) erfordern einiges an Vorarbeit, bevor die eigentliche Übersetzung beginnen kann.

Im übrigen habe ich einige Blogeinträge in englischer Sprache zum Gebrauch von Computern beim Übersetzen und zum Programm DVX2 verfasst:
Fight the machine? (Teil 1 und Teil 2)
Still building Babel?
Deep mining with Déjà Vu X2
DVX2 screenshot gallery
12 facts, hints and ideas on databases in DVX2
Would I advise my grandchildren to translate?
Computer language mystery solved by humans
Humpty Dumpty and the TAUS quality concept